Auszug
Die spanische Geldwäschepräventionsnorm hat in den letzten Jahrzehnten eine erhebliche Entwicklung erfahren, bedingt sowohl durch die Anpassung an internationale Standards als auch durch die Anforderungen des Unionsrechts. Das Gesetz 10/2010 vom 28. April bildet das Kernstück des Systems und regelt die Pflichten der Verpflichteten (sujetos obligados), um zu verhindern, dass das Finanzsystem und bestimmte Berufssektoren zur Einschleusung von Geldern aus unrechtmäßiger Herkunft oder zur Terrorismusfinanzierung genutzt werden.
Die spätere Umsetzung der Vierten Richtlinie (EU) 2015/849 durch das Königliche Gesetzesdekret 11/2018 verstärkte zentrale Aspekte hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten sowie des risikobasierten Ansatzes und erhöhte die Strenge der Sorgfaltspflichten, der internen Kontrollen und der Analyse verdächtiger Transaktionen.
Ebenso führte die Umsetzung der Fünften Richtlinie (EU) 2018/843 durch das Königliche Gesetzesdekret 7/2021 neue Kategorien von Verpflichteten ein und reformierte das System der gesellschaftsrechtlichen Transparenz grundlegend durch die Schaffung eines Zentralregisters der wirtschaftlich Berechtigten, das insbesondere für strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Ermittlungen von Bedeutung ist.
Strukturrahmen des Gesetzes 10/2010: Verpflichtete und allgemeine Pflichten
Artikel 2 des Gesetzes 10/2010 nennt eine breite Palette von Verpflichteten, darunter Finanzinstitute, Versicherungsunternehmen, Rechtsanwälte in bestimmten Konstellationen, Spielbanken, Immobilienentwickler, Wirtschaftsprüfer, Investmentgesellschaften und seit 2021 auch Dienstleister im Zusammenhang mit Krypto-Vermögenswerten. Das System stützt sich auf drei Säulen: Sorgfaltspflichten, Informations- und Meldepflichten sowie interne Kontrollmechanismen, ergänzt durch ein autonomes Sanktionssystem (Art. 50 ff.).
Die rechtliche Relevanz des Systems liegt in der Errichtung eines verpflichtenden Compliance-Rahmens, dessen Verletzung nicht nur zu Verwaltungsstrafen, sondern auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen kann, insbesondere durch Auswirkungen auf Vorsatzbeurteilung, Unternehmensstrafbarkeit oder grobe Fahrlässigkeit.
Die drei Niveaus der Sorgfaltspflichten
Die Sorgfaltspflichten bilden das Fundament des Gesetzes 10/2010 und gliedern sich in drei Stufen – normale, vereinfachte und verstärkte Maßnahmen –, geregelt in den Artikeln 3 bis 15.
1. Normale Sorgfaltspflichten
Die normalen Maßnahmen stellen den allgemeinen Standard dar, sofern keine besonderen Umstände ein anderes Niveau rechtfertigen. Dazu gehören:
a) Formelle Identifizierung des Kunden (Art. 3)
Verpflichtete müssen ihre Kunden identifizieren, bevor eine Geschäftsbeziehung begründet oder eine gelegentliche Transaktion durchgeführt wird. Die Identifizierung hat anhand verlässlicher Dokumente zu erfolgen; ein Beginn der Geschäftsbeziehung ohne abgeschlossene Identifizierung ist ausgeschlossen.
b) Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten (Art. 4)
Das Gesetz verlangt die Feststellung, wer tatsächlich die Kontrolle über die rechtliche oder wirtschaftliche Struktur ausübt. Dieser Punkt wurde durch das Königliche Gesetzesdekret 11/2018 erheblich verstärkt und durch das Königliche Gesetzesdekret 7/2021 durch ein zentrales Register weiter ausgebaut.
c) Kenntnis über Zweck und Art der Geschäftsbeziehung (Art. 5)
Der wirtschaftliche und berufliche Zweck der Beziehung ist zu dokumentieren, um mögliche Unstimmigkeiten zwischen erklärter Tätigkeit und Finanzbewegungen zu erkennen.
d) Laufende Überwachung (Art. 6)
Verpflichtete müssen Transaktionen kontinuierlich überwachen, um die Übereinstimmung mit dem Kundenprofil sicherzustellen.
e) Anwendung des risikobasierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 7)
Die Mittel und die Intensität der Analyse sind an das identifizierte Risiko anzupassen.
Diese Pflichten sind wesentlich zur Verhinderung der Einschleusung unrechtmäßiger Gelder in das Finanzsystem und wirken sich unmittelbar auf strafrechtliche Verfahren aus: ihre Einhaltung oder Verletzung kann zur Beurteilung von Wissen, bewusster Ignoranz oder grober Fahrlässigkeit herangezogen werden.
2. Vereinfachte Sorgfaltspflichten
Geregelt in den Artikeln 9 und 10, sind sie nur zulässig, wenn ein geringes Risiko vorliegt und der Kunde, das Produkt oder die Transaktion ein niedriges Geldwäschepotenzial aufweist. Die Vierte Richtlinie verlangt zwingend eine vorgelagerte Risikoanalyse, bevor Kontrollen reduziert werden können.
Beispiele für Situationen niedrigen Risikos:
• Kreditinstitute in anderen Mitgliedstaaten mit gleichwertigen Anforderungen
• Staatliche Stellen oder EU-Behörden
• Standardisierte Finanzprodukte mit geringem Anonymitätsrisiko
Ihre Anwendung kann jedoch niemals automatisch erfolgen. Das Königliche Gesetzesdekret 11/2018 verschärfte die Pflicht zur Dokumentation des niedrigen Risikoprofils.
3. Verstärkte Sorgfaltspflichten
Bei erhöhtem Risiko sind verstärkte Maßnahmen anzuwenden (Art. 11–15). Typische Szenarien:
• Geschäftsbeziehungen ohne persönliche Anwesenheit (Art. 12)
• Grenzüberschreitende Korrespondenzbankbeziehungen (Art. 13)
• Politisch exponierte Personen (PEP) und nahestehende Personen (Art. 14)
• Produkte mit Anonymitätspotenzial oder neue Technologien (Art. 16)
Verstärkte Maßnahmen umfassen:
• Zusätzliche Identitätsprüfung über unabhängige Quellen
• Erweiterte Informationen über die Herkunft der Gelder
• Zustimmung der höheren Führungsebene
• Strengere und häufigere Überwachung
Die Umsetzung der Fünften Richtlinie durch das Königliche Gesetzesdekret 7/2021 führte Anbieter von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Vermögenswerten als inhärent risikobehaftete Kategorie ein, die systematisch verstärkte Maßnahmen anwenden müssen.
Wirtschaftlich Berechtigte: Normentwicklung und prozessuale Bedeutung
Das Regime zur Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter hat sich grundlegend gewandelt. Die Vierte Richtlinie, umgesetzt durch das Königliche Gesetzesdekret 11/2018, stärkte die Pflicht, präzise, aktuelle und vollständige Informationen über Kontrolle und Eigentum rechtlicher Einheiten zu erheben und zu speichern.
Mit dem Königlichen Gesetzesdekret 7/2021 wurde das Zentralregister der wirtschaftlich Berechtigten geschaffen, verwaltet vom Justizministerium. Es konsolidiert Daten des Handels- und Notariatsregisters und gewährleistet die europäische Vernetzung. Dieses System ist ein wesentliches Ermittlungsinstrument zur Aufdeckung intransparenter Gesellschaftsstrukturen, Trusts oder vergleichbarer Rechtskonstruktionen.
Praktische Relevanz für das Wirtschaftsstrafrecht
Die Verbindung zwischen dem präventiven AML-System und dem Straftatbestand der Geldwäsche ist unmittelbar. Vorliegen oder Fehlen von Sorgfaltspflichten kann ein Indiz sein für:
• direkten oder bedingten Vorsatz
• bewusste Unkenntnis
• grobe Fahrlässigkeit
• strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen (Art. 31 bis span. StGB)
Gleichzeitig sieht das Verwaltungssanktionssystem der Art. 50 ff. des Gesetzes 10/2010 erhebliche Geldbußen vor – teilweise in Millionenhöhe – selbst ohne strafrechtlich relevantes Verhalten. Dies macht präventive Rechtsberatung zu einem zentralen Bestandteil der wirtschaftsstrafrechtlichen Praxis.
Schlussfolgerung
Das spanische System der Geldwäscheprävention stellt einen anspruchsvollen, sich ständig weiterentwickelnden Rechtsrahmen dar, eng abgestimmt auf europäische Standards. Das Gesetz 10/2010 und seine Reformen durch die Königlichen Gesetzesdekrete 11/2018 und 7/2021 haben Transparenz, den Kreis der Verpflichteten und den risikobasierten Ansatz deutlich gestärkt – insbesondere durch die Regulierung des wirtschaftlich Berechtigten und die Einbeziehung der Krypto-Dienstleister.
Für Strafverteidiger ist die Beherrschung dieses Normrahmens unverzichtbar – sowohl für die Verteidigung in Geldwäscheverfahren als auch für die Beratung zu administrativen und strafrechtlichen Risiken. Ein fundiertes Verständnis der drei Sorgfaltsniveaus ermöglicht stärkere Strategien vor Gericht und trägt zur Compliance-Kultur in Unternehmen und regulierten Berufen bei.
Warum Fukuro Legal Ihnen helfen kann
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