Sexuelle Deepfakes: Eine neue Herausforderung für das Strafrecht
Das Aufkommen der generativen Künstlichen Intelligenz hat die digitale Umgebung grundlegend verändert und neue Chancen in Bereichen wie Bildung, Kunst oder Medizin eröffnet. Ihr missbräuchlicher Einsatz hat jedoch zu neuartigen Formen von Angriff und Manipulation geführt, unter denen insbesondere die sogenannten Deepfakes hervorzuheben sind – audiovisuelle Inhalte, die mittels fortgeschrittener KI-Techniken verfälscht werden und eine Identitätsanmaßung mit alarmierendem Realismus ermöglichen.

Summary
Das Aufkommen der generativen Künstlichen Intelligenz hat die digitale Umgebung grundlegend verändert und neue Chancen in Bereichen wie Bildung, Kunst oder Medizin eröffnet. Ihr missbräuchlicher Einsatz hat jedoch zu neuartigen Formen von Angriff und Manipulation geführt, unter denen insbesondere die sogenannten Deepfakes hervorzuheben sind – audiovisuelle Inhalte, die mittels fortgeschrittener KI-Techniken verfälscht werden und eine Identitätsanmaßung mit alarmierendem Realismus ermöglichen.
Das Aufkommen der generativen Künstlichen Intelligenz hat die digitale Umgebung grundlegend verändert und neue Chancen in Bereichen wie Bildung, Kunst oder Medizin eröffnet. Ihr missbräuchlicher Einsatz hat jedoch zu neuartigen Formen von Angriff und Manipulation geführt, unter denen insbesondere die sogenannten Deepfakes hervorzuheben sind – audiovisuelle Inhalte, die mittels fortgeschrittener KI-Techniken verfälscht werden und eine Identitätsanmaßung mit alarmierendem Realismus ermöglichen.
Innerhalb dieser Kategorie stellen die sexuellen Deepfakes – also solche, die das Gesicht, den Körper oder die Stimme realer Personen ohne deren Zustimmung in pornografische Szenen einfügen – einen besonders schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte wie das Recht auf Privatheit, Ehre, eigenes Bild und sogar moralische Integrität dar. Diese Praktiken verursachen nicht nur irreparable psychische und soziale Schäden für die Betroffenen, sondern stellen auch die Fähigkeit der Strafrechtsordnung infrage, sie wirksam zu verhindern, zu sanktionieren und wiedergutzumachen.
Das Phänomen wirft sowohl auf materiell-rechtlicher als auch auf prozessualer Ebene erhebliche Probleme auf. Derzeit kennt die spanische Rechtsordnung noch keine eigenständige Strafnorm, die die Erstellung oder Verbreitung sexueller Deepfakes ausdrücklich unter Strafe stellt. Gleichwohl befindet sich seit März 2025 ein Entwurf eines Ley Orgánica(Organischen Gesetzes) im Gesetzgebungsverfahren, der unter anderem die Reform des Strafgesetzbuchs vorsieht, um dieses Verhalten als spezifischen Straftatbestand zu erfassen. Bis zum Inkrafttreten einer solchen Regelung sind die Gerichte gezwungen, auf allgemeine Straftatbestände zurückzugreifen und den konkreten Sachverhalt unter Delikte wie „unwürdige Behandlung“ oder „schwere Beleidigung“ zu subsumieren, um den Opfern dieser neuen Form digitaler Gewalt einen Mindestschutz zu gewähren.
In diesem Spannungsfeld steht das Strafrecht vor der schwierigen Aufgabe, einerseits das Legalitätsprinzip – das die rückwirkende Anwendung strafrechtlich nachteiliger Normen verbietet – zu wahren und andererseits eine effektive Reaktion auf Verhaltensweisen zu ermöglichen, die, auch wenn sie noch nicht ausdrücklich typisiert sind, offenkundig rechtlich geschützte Güter verletzen.
Was sind Deepfakes?
Der Begriff Deepfake leitet sich von „Deep Learning“ und „Fake“ ab und bezeichnet sämtliche Inhalte (Bild, Ton oder Video), die durch generative KI manipuliert werden, in der Regel unter Einsatz künstlicher neuronaler Netze wie Generative Adversarial Networks (GANs). Diese Netze erlernen es, die Stimme, Gestik und Erscheinung einer Person zu imitieren, wodurch extrem realistische visuelle und akustische Ergebnisse entstehen.
Der mimetische Charakter der Deepfakes begründet eine neue Kategorie des Schadens: die Beeinträchtigung von Rechten ohne physischen Kontakt, jedoch mit erheblichen sozialen, psychischen und reputationsbezogenen Folgen. Im sexuellen Bereich dienen derartige Inhalte dazu, das Opfer zu erniedrigen, zu objektivieren oder zu demütigen und entfalten Wirkungen, die einer symbolischen Aggression gleichkommen.
Eingriff in Privatheit, Ehre und eigenes Bild
Die Schwere sexueller Deepfakes liegt nicht allein in ihrer Falschheit, sondern vor allem in ihrer Fähigkeit, den Ruf, die Würde und die Privatheit des Opfers zu zerstören. Solche künstlichen Erzeugnisse simulieren sexuell explizite Szenen, die nie stattgefunden haben, aber für Dritte, die die Manipulation nicht kennen, von der Realität nicht zu unterscheiden sind.
Der Schaden ist zweifach:
- Im intimen Bereich, indem dem Opfer ein sexuelles Verhalten zugeschrieben wird, dem es niemals zugestimmt hat und das es nicht begangen hat.
- In der sozialen Dimension, indem ein öffentliches Bild erzeugt wird, das zu Stigmatisierung, Belästigung, Verlust des Arbeitsplatzes oder sozialer Isolation führen kann.
Die spanische Datenschutzbehörde (Agencia Española de Protección de Datos) und der Generalrat der Justiz (Consejo General del Poder Judicial) haben vor dieser neuen Form digitaler Gewalt gewarnt, insbesondere wenn die Opfer Frauen, Minderjährige oder Personen des öffentlichen Lebens sind.
Gesetzgeberische Entwicklungen: Auf dem Weg zu einem eigenständigen Straftatbestand
Trotz ihrer Schwere sind sexuelle Deepfakes derzeit nicht als eigenständiger Straftatbestand im spanischen Strafgesetzbuch erfasst. Frühere Reformen haben dieses Verhalten nicht ausdrücklich berücksichtigt, so dass die Betroffenen auf allgemeinere Delikte zurückgreifen müssen, wie etwa:
- Delikte gegen die Ehre (Art. 208 ff. StGB),
- Beleidigung oder Verleumdung unter öffentlicher Verbreitung,
- Delikte gegen die moralische Integrität (Art. 173.1 StGB),
- Verletzung von Geheimnissen oder unbefugte Verbreitung von Bildern (Art. 197 StGB), sofern es sich um reale, nicht manipulierte Inhalte handelt.
Diese Tatbestände gewährleisten jedoch nicht in jedem Fall einen vollständigen strafrechtlichen Schutz. So kann etwa die Erstellung eines sexuellen Deepfakes durch einen Dritten, der weder auf private Daten zugegriffen noch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, aus dem klassischen Strafrahmen herausfallen, obwohl realer Schaden entsteht. Diese Lücke hat jüngst zu gesetzgeberischen Reformbestrebungen geführt.
Das Ley Orgánica 10/2022 de Garantía Integral de la Libertad Sexual (bekannt als „Nur Ja heißt Ja“-Gesetz) enthält eine relevante Neuerung, indem die nicht einverständliche Verwendung manipulierter Bilder zu sexuellen Zwecken ausdrücklich als Form digitaler sexueller Gewalt anerkannt wird.
Darüber hinaus hat der Ministerrat im März 2025 den Entwurf eines Ley Orgánica zum Schutz Minderjähriger in digitalen Umgebungen gebilligt, der eine Reform des Strafgesetzbuchs vorsieht, um sexuelle Deepfakes ausdrücklich unter Strafe zu stellen – mit besonderem Schutz für Minderjährige und Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt. Der Straftatbestand wird in der Erstellung oder Verbreitung digital manipulierten Bildmaterials zu sexuellen Zwecken ohne Zustimmung bestehen und Freiheitsstrafen sowie Maßnahmen wie ein Verbot des Zugangs zu digitalen Umgebungen vorsehen.
Strafrechtliche Nicht-Rückwirkung nachteiliger Normen
Das Prinzip der Nicht-Rückwirkung nachteiliger Strafnormen, verankert in den Artikeln 9.3 und 25.1 der spanischen Verfassung, verbietet die Anwendung neuer Straftatbestände auf Taten, die vor deren Inkrafttreten begangen wurden. Dies wurde sowohl vom Verfassungsgericht als auch vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung bestätigt. Folglich können Deepfakes, die vor Inkrafttreten der künftigen Reform erstellt wurden, nicht nach dem neuen Straftatbestand bestraft werden.
Dieses Prinzip der Rechtssicherheit schützt den Bürger vor willkürlicher Ausübung des ius puniendi des Staates. Gleichwohl entstehen dadurch evidente Rechtslücken in Übergangsphasen, in denen viele zwar gravierende, jedoch nicht eindeutig erfasste Verhaltensweisen straflos bleiben oder nur unzureichend geahndet werden können.
Mangels eines spezifischen Straftatbestands müssen Juristen auf bestehende Delikte zurückgreifen, um den Opfern einen Mindestschutz zu bieten. Zu den anwendbaren Tatbeständen bei sexuellen Deepfakes zählen etwa:
- Unwürdige Behandlung (Art. 173 StGB): wenn der Zweck des Videos darin besteht, das Opfer zu erniedrigen, psychisch zu unterwerfen oder schweres seelisches Leid zuzufügen.
- Schwere Beleidigung (Art. 208 StGB): wenn der Inhalt die Würde des Opfers verletzt, insbesondere bei öffentlicher Verbreitung.
Bei nicht-sexuellen Deepfakes können einschlägig sein:
- Urkundenfälschung (Art. 390 ff. StGB): wenn das verfälschte Material zu Täuschungszwecken verwendet wird, insbesondere als Beweismittel in Gerichtsverfahren (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofs 674/2020 vom 11. Dezember).
- Prozessbetrug (Art. 250.1.7º StGB): wenn ein Deepfake als Beweismittel mit dem Ziel eingeführt wird, eine ungerechte Entscheidung zu erwirken. Dies setzt einen Schaden für die wirtschaftlichen Interessen der Gegenpartei oder eines Dritten voraus (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofs 213/2019).
Diese Delikte können extensiv angewandt werden, allerdings nur innerhalb der Grenzen des Legalitätsprinzips (nullum crimen sine lege), ohne neue Straftatbestände durch richterliche Interpretation zu schaffen. Das bedeutet: Ein sexueller Deepfake kann als solcher nicht bestraft werden, wohl aber die durch ihn verursachten Rechtsverletzungen unter bestehende Strafnormen subsumiert werden.
Problematik der Echtheit: Beweis und Manipulation
Eine der größten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Deepfakes im Strafprozess ist deren technische Glaubwürdigkeit. Das generierte Material ist so realistisch, dass es selbst Sachverständige täuschen kann. Dies hat gravierende Folgen, wenn es als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren – gleich welcher Art – eingebracht wird.
Die Möglichkeit, einen Deepfake in den Prozess einzuführen, bedeutet nicht nur Betrug an der Justiz, sondern kann das Verfahrenssystem selbst zu einem Instrument der Re-Victimisierung machen, insbesondere wenn falsche Beweise verwendet werden, um das Opfer zu schädigen oder die Anklage zu untergraben.
Anfechtung manipulierter Beweismittel
Eine zentrale prozessuale Frage beim Umgang mit Deepfakes ist deren Anfechtbarkeit als Beweismittel. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs genügt es, dass die anfechtende Partei plausible Hinweise auf die Falschheit vorlegt, ohne bereits in diesem Stadium einen abschließenden Beweis erbringen zu müssen.
Bestehen begründete Verdachtsmomente der Manipulation, kann das Gericht spezifische Sachverständigengutachten anordnen und die Beweislast auf die Partei verlagern, die das audiovisuelle Material einführen will. Diese hat dessen Authentizität mit hinreichenden technischen Mitteln nachzuweisen, insbesondere wenn dessen Fälschung behauptet wurde.
Auch der Zeitpunkt der Anfechtung ist entscheidend: Verteidigungsschriftsatz, vorläufige Schlussfolgerungen oder die Beweisaufnahme können genutzt werden, um das Gericht auf eine mögliche Manipulation hinzuweisen.
Die Rolle des Sachverständigen bei der Analyse von Deepfakes
Angesichts der technischen Komplexität von Deepfakes ist die Rolle des Sachverständigen von grundlegender Bedeutung. Die Identifizierung von Manipulationsmustern erfordert spezielles Wissen in Informatik, digitaler Forensik und Datenanalyse.
Das Sachverständigengutachten muss nicht nur die Authentizität der Datei, sondern auch deren Integrität, Herkunft, Metadaten und mögliche Veränderungen prüfen. Der Einsatz automatischer Werkzeuge allein genügt nicht; erforderlich ist eine fachkundige Untersuchung, die mit hinreichender Sicherheit feststellen kann, ob die Datei künstlich erstellt oder verändert wurde.
Das Gutachten ist zwar für das Gericht nicht bindend, beeinflusst jedoch die Beweiswürdigung nach den Kriterien von Logik und richterlicher Erfahrung.
Auf dem Weg zu einer strengeren prozessualen Regelung
Die Verbreitung von Deepfakes erfordert eine Reform des Prozessrechts, die Kontroll- und Verifizierungsmechanismen für audiovisuelle Beweise stärkt. In der Literatur werden unter anderem folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
- Einführung einer klaren und überprüfbaren digitalen Beweismittelkette,
- Verstärkte Beweismaßstäbe für KI-generierte Inhalte,
- Obligatorische sachverständige Gegenprüfung bei Verdacht auf Manipulation,
- Erweiterte Kriterien der Beweisverwertungsverbote zum Schutz des Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes.
Diese Maßnahmen würden nicht nur den Opfern neuer Angriffsformen Schutz gewähren, sondern auch das Vertrauen in die Justiz gegenüber technologisch verfälschten Beweisen stärken.
Schlussfolgerung
Das Phänomen der Deepfakes stellt eine der größten Herausforderungen für das zeitgenössische Strafrecht dar. Ihre Fähigkeit, Schaden ohne physischen Kontakt zu verursachen, die Wahrnehmung der Realität zu manipulieren und gerichtliche Verfahren zu beeinflussen, zwingt dazu, traditionelle dogmatische Kategorien wie Urkundenfälschung, Beweisverwertungsverbote oder gar den Vorsatzbegriff neu zu überdenken.
Auf gesetzgeberischer Ebene zeichnet sich ein klarer Trend ab: ausdrückliche Typisierung, spezifische Strafschärfungen und technologische Aktualisierung des Strafgesetzbuchs. Doch das allein genügt nicht. Unverzichtbar ist eine prozessuale Weiterentwicklung, die effektive Anfechtungsmöglichkeiten, strenge Beweisstandards und eine nachhaltige Investition in qualifizierte Sachverständige gewährleistet. Nur so kann sich das Strafrechtssystem an eine Realität anpassen, in der die Wahrheit mit einem Klick verfälscht werden kann.

Die am besten bewertete Strafrechtskanzlei
Unser Team von erfahrenen Anwälten setzt sich für die Wahrung Ihrer Interessen ein. Wir bieten strategische Rechtsberatung und Verteidigung in komplexen Fällen auf internationaler Ebene und gewährleisten Vertraulichkeit und ein starkes Engagement für jeden Mandanten.

Kontaktiere uns
Kontaktieren Sie unsere Strafverteidiger. Die Firma bietet in jeder Notsituation sofortige Maßnahmen.